Montag, 19. September 2011

Streitgespräch mit Caritas-Dienststellenleiter

DGB und Caritas haben einen Vortrag von mir zum Anlass genommen, mich anzuschreiben - unsere regionale Tageszeitung, das "Starkenburger Echo", hat einen der Fäden aufgenommen und ein Streitgespräch zwischen dem Dienststellenleiter der Caritas Bergstraße, Martin Fraune, und mir aufzuzeichnen. Das Ergebnis kann man hier sehen:
Vortext
Streitgespräch
Ich freue mich natürlich, dass die Diskussion in Gang kommt - das ist ganz im Sinne des Bundesverfassungsgerichts-Urteils.

Donnerstag, 15. September 2011

Ein Leser-Tipp

Mein Verlag hat gestern über Facebook einen Hinweis auf diese Seite gemacht, und wirklich sehr viele Nutzer sind dem gefolgt und haben sich hier umgeschaut. Das freut mich! Und dabei wurde auch in einem Kommentar ein sehr interessanter Tipp weitergegeben. Da der Kommentar hier auf einer hinteren Seite hinter einem Mai-Posting versteckt ist, möchte ich ihn hier nochmal prominenter unterbringen: "für Besser-Esser, auch mit wenig Budget, noch ein Tip: http://www.arm-aber-bio.de/" - Dank an den Nutzer thp-schaefer! - In der Tat haben auch wir (insbesondere meine Frau) bei Eiern, Fleischprodukten und Milch auf Bio-Qualität geachtet, auch bei vielen vegetarischen Lebensmitteln. Denn wir wollten nicht zeigen, wie billig man sich wirklich ernähten kann, sondern wie gut es mit dem für Nahrungsmittel und Getränke vorgesehenen Satz geht.

Donnerstag, 8. September 2011

Jetzt mal nicht das Essen ...

Das Verfassungsgericht hat in seinem Urteil (siehe oben) ziemlich deutlich klargemacht, dass der Gestzgeber - und damit auch der Souverän, also das Volk - beim Existenzminimum über den wirklichen Bedarf für verschiedene Lebensbereiche diskutieren soll. Pauschaldiskussionen sind eher nicht im Sinne des Bundesverfassungsgerichts - schade, dass viele Politiker, aber auch Verbände und Medien, weiterhin lieber darüber diskutieren, ob man im Monat 5 Euro draufpacken oder abziehen soll. Für unseren Selbstversuch haben wir die Grundidee des BVerfG-Urteils aufgegriffen und uns für die Prüfung eines der größten und wichtigsten Posten, nämlich Nahrungsmittel und Getränke, entschieden. Grund war natürlich auch, dass die Überprüfung und Dokumentation da besonders einfach ist.

Aber in der ein oder anderen Form lassen sich auch andere Posten mal testen, auch wenn das, wie zum Beispiel bei der Kleidung, wesentlich schwieriger ist: Jeder Mensch verfügt über eine gewisse Garderobe und kann auch mal ein paar Monate nichts dazukaufen, dann kommen beim Einkleiden plötzlich größere Summen auf einmal zusammen. - Trotz dieser Schwierigkeiten habe ich für den Vortrag neulich beim Wirtschaftsrat Bergstraße den Selbstversuch in dieser Hinsicht erweitert. Hier das Ergebnis: Für Kleidung und Schuhe steht einem Erwachsenen nach Regelsatz 30,40 Euro monatlich zur Verfügung. Nehmen wir, wie beim Essen, mal zwei Monate, dann kommen 60,80 Euro zusammen. Kann man sich davon wenigstens einmal vollständig einkleiden?

Das, was auf dem Bild zu sehen ist, ist das Ergebnis: Es genügt für ein Hemd und eine Hose (mit Gürtel), Unterwäsche (einzeln) und Socken (3 Paar) sowie ein Paar Schuhe. Summe: 42.04 Euro. Eingekauft habe ich dafür bei Kik und im Norma-Markt. Natürlich sind Kleidungsstücke in dieser Preisklasse eher freizeitorientiert - ins Büro würde ich so eher nicht gehen. Aber für den normalen Gebrauch am Wochenende oder abends ist das schon passabel. Wie gesagt, beim Wirtschaftsrat bin ich so aufgetreten. Das hat hier und da, das war jedenfalls mein Eindruck, für eine gewisse Verwunderung gesorgt, weil viele der anwesenden Unternehmer im Anzug erschienen waren und das auch vom Vortragenden erwartet hatten - mit Recht, denn hätte ich über ein anderes Thema gesprochen, hätte ich mir auch einen Schlips umgebunden. Aber diese Verwirrung lag ausschließlich am Stil - nicht an der Qualität der Kleidung an sich. - Und welchen Aussagewert hat das nun über den Hartz-IV-Regelsatz-Anteil "Kleidung und Schuhe"? Ich meine: Über das Jahr gerechnet (mal sechs!) ergibt das eine ordentliche Garderobe, auch die Übergangsjacke und der Wintermantel sind da durchaus drin.

Donnerstag, 25. August 2011

Regionale Reaktionen auf den Selbstversuch

Unsere Regionalzeitungen "Starkenburger Echo" und "Bergsträßer Anzeiger" haben ja, wie bereits hier gemeldet (das brauche ich nicht zu verlinken, das ist gerade das vorherige Posting vom 17.8.), im Rahmen eines Vortrags auch ganz kurz über unseren Selbstversuch berichtet. Der Deutsche Gewerkschaftsbund DGB Bergstraße hat sich daraufhin dazu berufen gefühlt -  ganz abgesehen von seinen sonstigen Aufgaben, nämlich die Interessen der Arbeitnehmer (wie zum Beispiel mir) zu vertreten - dazu eine sachlich leider nicht korrekte Kritik als Pressemitteilung an die Zeitungen zu senden. Diese Kritik ist hier im "Starkenburger Echo" und, fast wortgleich, hier im "Bergsträßer Anzeiger" zu finden. Da der Autor der Zeilen weder bei dem kritisierten Termin anwesend war, und sich auch nach den Hintergründen nicht erkundigt hat, habe ich daraufhin einen Leserbrief geschrieben, den die Zeitung heute (leicht, aber angemessen gekürzt) auch gedruckt hat. Da Leserbriefe aus dem "Starkenburger Echo" nicht im Internet veröffentlicht werden, man sie also auch nicht verlinken kann, ist meine Erwiderung auf den DGB-Angriff hier in voller Länge hinterlegt. Das war übrigens nicht die einzige Reaktion - auch andere, leider m.E. unsachliche Meinungsäußerungen durfte ich mir anhören, aber so ist das nuneinmal bei  solchen heiklen Themen. Glücklicherweise gibt es auch höflich und sachlich vorgetragene Kritik, wie die vom Caritasverband Außenstelle Bergstraße. Auch die will ich den Lesern dieses Blogs nicht vorenthalten, möchte das aber ausführlicher und in angemessener Weise machen und plane dafür einen eigenen Beitrag im Lauf der nächsten Woche.

Mittwoch, 17. August 2011

Hartz IV bei uns in Heppenheim

In Heppenheim haben wir für Hartz IV im Kreis Bergstraße den Eigenbetrieb Neue Wege. Geleitet wird er derzeit noch von Rainer Burelbach - ab September muss jemand anderes den Eigenbetrieb leiten, denn Burelbach tritt Ende August das Amt des Bürgermeisters von Heppenheim an. In direkter Wahl haben ihn die Bürger der Kreisstadt bei den Kommunalwahlen im März damit beauftragt. Kurz vor Beginn unseres Essens-Projekts habe ich von Rainer Burelbach den Eigenbetrieb Neue Wege in einer ausführlichen, persönlichen Führung kennenlernen dürfen - was mir sehr viel gebracht hat.

Vor seinem Aufgabenwechsel hat Burelbach noch einmal einen ausführlichen Vortrag über Hartz IV gehalten, speziell im Kreis Bergstraße, beim "Unternehmerfrühstück" des Wirtschaftsrats Sektion Bergstraße. Das war gerade vergangenen Montag im schönen Wicom-Forum in Heppenheim. Und dort war ich dann auch für einen kurzen Bericht über unser Projekt als Koreferent eingeladen. Dafür danke ich dem Wirtschaftsrat; die Diskussionen, die sich ergeben haben, waren spannend! - Und hier ein Bericht dazu aus unserer Regionalzeitung, dem "Starkenburger Echo": "Einsicht statt Härte"

Freitag, 5. August 2011

Abschaffung von Hartz IV?

Ein Politiker vom Arbeitnehmerflügel der Unionsparteien hat die Abschaffung von Hartz IV gefordert: Der Berliner Bundestagsabgeordnete Uwe Schummer, stellvertretender Vorsitzender der CSU/CSU-Arbeitnehmergruppe im Bundestag, fordert stattdessen ein Bürgergeld und eine "neue, bildungsorientierte Arbeitsmarktpolitik" sowie eine Ausdehnung des Mindestlohns auf alle Branchen. Da ich auch mit den Vorstellungen eines Bürgergelds sympathisiere (das nimmt von allen Sozialleistungen das Stigma weg und es ist in der Verwaltung sehr viel billiger als unsere bisherigen diversen Sicherungssysteme mit jeweils eigener Bürokratie, zum Beispiel durch Ansiedelung beim Finanzamt), weise ich an dieser Stelle gerne auf den entsprechenden Artikel in der "Berliner Morgenpost" hin. Denn auch das hat meine inzwischen intensive Beschäftigung mit diesem Thema ergeben: Der Schlüssel zu einem besseren, effektiveren Sozialsystem in Deutschland ist nicht die (leider immer noch von vielen vehement geforderte) schlichte Erhöhung der Transfers, sondern eine Öffnung der Bildungspolitik in Richtung der sozial schwächeren Schichten. Und auch wenn ich nicht alle Forderungen von MdB Uwe Schummer teile - damit, finde ich, hat er Recht!

Freitag, 24. Juni 2011

Über Hartz IV spricht man nicht ...

Hartz-IV-Emfpänger sprechen natürlich nicht gerne über ihren finanziellen Status - meist auch dann nicht, wenn sie es wieder in den Arbeitsmarkt geschafft haben. Eine lobenswerte Ausnahme ist meine Journalisten-Kollegin Katja Kullmann, die in der "Zeit" ein interessantes Interview gegeben hat, dass man hier nachlesen kann.

Darin beschreibt sie, wie ihr Leben ("Ich stand auf dieses hochgradig bourgeoise Ambiente.") sich radikal änderte, als es eng wurde mit ihrer Freiberuflichkeit, und dann noch ein großer Auftrag platzte. Sie fand sich in Hartz IV wieder: "Ich habe das erste Mal vor einer Fremden geheult" - auf dem Amt.

Sie erzählt dabei auch, wie wichtig es für sie war, dass keiner davon wusste, und die bürgerliche Fassade aufrecht zu erhalten: "Ich hatte mich entschieden, es niemandem zu sagen. Es war ein Kraftakt. Heute weiß ich: viele machen es genauso. Letztlich hat mich das gerettet. Mein Ruf blieb intakt."

Sie erzählt auch, wie die Erfahrung ihre Einstellung verändert hat. Auf die Frage der "Zeit": "Was bedeutet Ihnen Geld heute?" hat sie geantwortet: "Ich habe Respekt davor, aber es schockt mich nicht mehr." Und: "Ich habe gemerkt, wie reich ich bin im Gegensatz zu denen, die nicht so weit schauen können, weder nach oben noch nach unten." Sehr lesenswert!